Datum/Uhrzeit: Uhr
Art: Kolloquium, Präsenz
Ort: Johannisallee 19a, Raum 0.06 (Werkstatt)

Systematische Lokalisierung eines Pest-Massengrabs aus dem 14. Jahrhundert in Erfurt mittels historischer und stratigraphischer Erkundung

Im 14. Jahrhundert wurde Mitteleuropa von mehreren verheerenden Ereignissen heimgesucht, die zu einer langanhaltenden sozioökonomischen und agrarischen Krise führten. Dazu gehören die Große Hungersnot (1315-1321) und die Pandemie des Schwarzen Todes (1346-1353). Die Untersuchung der Zusammenhänge dieser Einschnitte sowie möglicher klimatischer Verbindungen zum Beginn der Kleinen Eiszeit kann wertvolle Einblicke bezüglich historischer Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt liefern. Dies wird jedoch dadurch erschwert, dass europaweit bislang nur sehr wenige anthropologische und bakteriologische Nachweise für diese Geschehnisse erbracht worden, während für Deutschland geeignete Belege noch gänzlich fehlen.
Das DFG-geförderte Forschungsprojekt: „Klima, Hungersnot und Pest: Eine Pilotstudie zu den Erfurter Massengräbern aus dem 14. Jahrhundert in interdisziplinärer Perspektive“ zielt u.a. darauf ab, entsprechende Massengräber in der Region Erfurt zu lokalisieren, deren Existenz in Ortswüstungen nahe der heutigen Innenstadt durch historische Quellen nahegelegt wird. Im Vortrag wird v.a. die Erkundung eines Pest-Massengrabes in der ehemaligen Ortslage des Dorfes Neuses beleuchtet. Mittels 60 Rammkernsondierungen und geophysikalischer Prospektion wurde dort zunächst ein grundlegendes stratigraphisches Verständnis der Landschaft entwickelt. Darauf aufbauend konnte eine mögliche Massengrabstruktur als deutliche Anomalie identifiziert werden. Menschliche Knochen, geborgen aus einer Bohrung innerhalb dieser Struktur, konnten durch 14C zweifelsfrei auf das 14. Jh. datiert werden. Unser methodischer Ansatz aus kombinierter historischer und geowissenschaftlicher Erkundung hat somit die erstmalige systematische Lokalisierung eines Massengrabes aus dieser Zeit ermöglicht. In einem nächsten Schritt soll durch gezielte archäologische Grabungen Material gewonnen werden, um den Pesterreger nachzuweisen.

Autor: Michael Hein