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Zwei Tage lang rauchten den Expertinnen und Experten aus Physik und Chemie die Köpfe, während sie auf dem Symposium „Hot Nanoparticles and Nanostructures“ im neuen Hörsalzentrum der Universität Leipzig über neueste Entwicklungen in den Nanowissenschaften debattierten. Die interdisziplinäre Zusammensetzung der gemeinsam von der Graduiertenschule BuildMoNa und der sächsischen Forschergruppe FOR877 eingeladenen internationalen Teilnehmendenschar illustrierte überzeugend, was gemeint ist, wenn von Nanowissenschaft als „Konvergenzwissenschaft“ die Rede ist.

Das ungeheure Anwendungpotenzial des rasant fortschreitenden Forschungsgebietes ist mittlerweile weithin bekannt. In der Tat reichten die vorgestellten Anwendungsbeispiele von neuartigen nanoskopischen Messtechniken und Funktionselementen (zum Beispiel für die ultraschnelle Computertechnologie der übernächsten Generation) über rasante Verfolgungsjagden von Nanoteilchen bis zur Tumortherapie und zum Medikamententransport mittels winziger Goldkäfige. Es wurden aber auch intensiv die dabei auftretenden technischen und konzeptionellen Herausforderungen erörtert. Das Land Lilliput mag mit Recht als Land der unbegrenzten Möglichkeiten gelten, doch müssen dort häufig gänzlich andere Wege beschritten werden als gewohnt. Statt etwa mit Metallwerkzeugen zu greifen und mit Licht zu beobachten, läuft es hier oft umgekehrt. Die für eine mikroskopische Beobachtung viel zu kleinen Objekte der Begierde werden unter anderem mithilfe von winzigen Metallstäbchen (sogenannten Nanoantennen) und Mirageeffekten (einer Art gezielt erzeugter Fata Morganas) überhaupt erst nachweisbar gemacht. Das hochpräzise Greifen, Bewegen und Antreiben von Nanoteilchen, Nanomaschinen und sogar einzelner Moleküle bewerkstelligt man hingegen völlig berührungsfrei, mit purem Laserlicht. Es kommt dabei zu äußerst unintuitiven Effekten, wie zum Beispiel der sogenannten negativen Mobilität, wenn die Nanoteilchen beim Anlegen einer äußeren Kraft entgegen der Kraftrichtung driften. Auch das Alltagsphänomen der Wärmeleitung wird auf der Nanoskala gründlich auf den Kopf gestellt. Während wir es gewohnt sind, heiße Luft oder heißes Wasser zum Wärmetransport einzusetzen, benutzen die Nanowissenschaftler künstlich erzeugte Temperaturdifferenzen in Flüssigkeiten, um Nanoteilchen, Erbsubstanzfragmente und Proteine enorm anzureichern und in kontrollierter Weise zur Reaktion zu bringen. Der Eröffnungsvortrag, gehalten vom diesjährigen Klung-Wilhelmy-Weberbank Preisträger, Proessor Dieter Braun aus München, zeigte eindrucksvoll, dass auf ähnliche Weise auch unter natürlichen Bedingungen autokatalytische Reaktionen in Gang kommen, wie sie möglicherweise für die Entstehung des Lebens auf der Erde verantwortlich gewesen sein könnten.